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Ayurveda

Traditionelle Medizin aus Indien

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© VectorMine / gettyimages.de

Mehr als Ölmassagen: Ayurveda ist die traditionelle Medizin Indiens und über 2500 Jahre alt. Im Mittelpunkt steht die Harmonie von Körper, Geist und Seele.

Das Wort Ayurveda bedeutet so viel wie das „Wissen vom Leben“. Dieses Wissen wurde ursprünglich mündlich überliefert und schließlich in der altindischen Sprache Sanskrit niedergeschrieben. Inzwischen ist Ayurveda von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als medizinische Wissenschaft anerkannt. Auch in Europa finden die ayurvedische Medizin und Ernährung zunehmend Interesse.

Die innere Mitte finden

Ayurveda passt in das heutige Leben westlicher Kulturen, zu den Bedürfnissen der modernen, schnelllebigen Welt und der Sehnsucht nach einem gesunden, erfüllten Leben und innerer Balance. Mit Ayurveda können wir unsere individuelle Natur besser verstehen, uns danach ausrichten und so immer wieder in die eigene Mitte finden. Das gelingt durch eine Ernährungs- und Lebensweise, die auf die persönliche Konstitution abgestimmt ist, Yoga und Meditation für das seelische Gleichgewicht sowie Ölmassagen und die Pflanzenmedizin zur Behandlung von Erkrankungen.

Erkenne deine Natur

Aus ayurvedischer Sicht besteht alles im Universum aus fünf Elementen: Feuer, Wasser, Erde, Luft und Äther. Beim Menschen bilden sich aus diesen Elementen die drei Doshas: Vata, Pitta und Kapha. Sie können als grundlegende Prinzipien verstanden werden, die Körperbau, Charaktereigenschaften und Krankheitsneigungen umfassen. Ein Dosha kann besonders stark ausgeprägt sein oder aber mehrere Doshas ähnlich stark. So entsteht unsere ganz individuelle Mischung, unser Typ, unsere Persönlichkeit. Dabei haben alle Menschen Anteile aller drei Doshas.

Welcher Dosha-Typ sind Sie?

Machen Sie den Test
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Konstitution Vata

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© tada / gettyimages.de

Vata entsteht aus Äther und Luft

Vata-Typen sind von Natur aus sehr feingliedrige und sensible Persönlichkeiten mit schmalem Körperbau und trockener Haut. Körperlich und geistig immer aktiv, mit einem starken Bedürfnis sich zu bewegen. Sie haben ein offenes Wesen, sind gesprächig und begeisterungsfähig und haben oft künstlerische Fähigkeiten. Auch eine gewisse Instabilität mit wechselhaftem Gemüt und geringer Widerstandskraft gegen Kälte, Wind und Stress gehört dazu.

Ernährung für Vata-Typen

Menschen mit starkem Vata leiden oft unter Verdauungsbeschwerden. Besonders in Stresssituationen oder fremder Umgebung reagieren sie mit Verstopfung und Völlegefühl. Wichtig sind eine ruhige, regelmäßige Lebensführung und eine harmonische Atmosphäre während des Essens. Wohltuend sind leicht verdauliche und wärmende Speisen, wie Porridge, Suppen, Eintöpfe und wärmende Gewürze wie Anis, Zimt und Ingwer. Schwer verdauliche Nahrungsmittel, kalte Speisen und Getränke, eine unregelmäßige Lebensführung und längeres Fasten sollten gemieden werden. Massagen mit warmem Sesamöl helfen, den Körper in sein natürliches Gleichgewicht zurückzuführen.

Konstitution Pitta

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© tada / gettyimages.de

Pitta entsteht aus Feuer und Wasser

Pitta-Typen verfügen über ein hohes Energiepotenzial, sind leistungsstark, zielgerichtet und handlungsorientiert. Sie wirken sehr überzeugend und sind gute Redner. Das feurige Pitta bewirkt eine gute Verdauung, einen guten Stoffwechselumsatz und starkes Schwitzen. Möglicherweise auch Übersäuerung und Entzündungen. Ihre Haut ist oft sensibel mit Rötungen. Pitta-Menschen lieben sportliche Aktivitäten und finden einen Ausgleich ihres oft angespannten und gereizten Gemüts durch körperliche Bewegung.

Ernährung für Pitta-Typen

Menschen mit starkem Pitta haben normalerweise eine gute Verdauung, starken Hunger und Durst, eine stabile Gesundheit und viel körperliche Energie. Emotionale Anspannung oder unausgewogene Ernährung macht sich jedoch durch eine schlechte Verwertung der Nahrung und einen Vitalstoffmangel bemerkbar. Oft zeigen sich dann auch Magenreizungen, Entzündungen, Sodbrennen oder Durchfall. Gut sind vitalstoffreiche Speisen wie knackiges Gemüse, Salat und Rohkostsäfte. Außerdem alle süßen und bitteren Gewürze wie Zimt, Koriander, Fenchel, Safran und Dill. Alle sehr sauren Speisen wie Zitrusfrüchte, Ananas, Tomaten und scharfe Gewürze wie Chili, Meerrettich und Knoblauch reizen das Verdauungssystem und sollten gemieden werden.

Konstitution Kapha

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© tada / gettyimages.de

Kapha entsteht aus Wasser und Erde

Kapha-Typen sind kräftig gebaut, mit einem guten Immunsystem und einer robusten Haut. Sie haben eine innere Stärke und Stabilität, was sie zu ruhigen und ausgeglichenen Persönlichkeiten macht, mit einem Hang zur Lethargie. Die körperliche und geistige Antriebskraft ist gering und ihr Körper neigt dazu, Gewicht anzusammeln. Kapha-Typen besitzen eine gute Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und haben eine eher geringere Neigung zu mentalen Störungen.

Ernährung für Kapha-Typen

Menschen mit starkem Kapha fühlen sich nach dem Essen oft müde und schwer. Ihre Verdauung ist schwach und sie haben Schwierigkeiten, Gewicht abzunehmen. Sie sind sehr genussorientiert. Auch Stress, Ärger oder innere Konflikte kompensieren sie gerne mit Süßigkeiten oder großen Mengen an herzhaftem Essen. Ein hohes Kapha kann sich zum Beispiel durch ständige Müdigkeit, Wasseransammlungen oder auch Atemwegsbeschwerden zeigen. Um es auszugleichen, sollten sehr süße, schwere, salzige und gebratene Speisen gemieden werden. Möglichst viel Bewegung, viel Gemüse und stoffwechselanregende Gewürze wie Curcuma, Coriander, Cumin, Methi (Bockshornkleesamen) und Knoblauch können helfen.

Drei einfache Ayurveda-Tipps für mehr Wohlbefinden!

Warmes Wasser

In der ayurvedischen Tradition wird das Wasser warm getrunken, so soll es besonders reinigend und Stoffwechsel anregend wirken. Bei dominierendem Vata am besten heiß mit Ingwer und Zitrone, bei Kapha heiß mit Ingwer und Honig und bei Pitta warm mit Kardamom.

Curcuma

Curcuma zählt im Ayurveda zu den wichtigsten Gewürzen. Nach der ayurvedischen Lehre wirkt es entzündungshemmend und anregend auf den Fettstoffwechsel. Sehr lecker ist die goldene Milch mit Curcuma und weiteren Gewürzen.

Selbstmassage

Massieren Sie den ganzen Körper mit warmem Sesamöl: Arme und Beine mit langen, streichenden Bewegungen, Gelenke und flache Muskeln mit kreisenden Bewegungen, sodass es für Sie angenehm ist. Nach 20 Minuten entspannender Einwirkzeit warm duschen oder baden.

Interview mit unserm Experten Priv.-Doz. Dr. med. Christian Keßler

Sie sind Indologe und Ayurveda-Mediziner. Was hat Sie dazu motiviert?

Priv.-Doz. Dr. med. Christian Keßler: Ich habe mich schon im Medizinstudium mit Ayurveda beschäftigt. Da habe ich dann schnell gemerkt, dass man sich für ein tieferes Verständnis indischer Wissenssysteme auch mit der Sprache und der Philosophie auseinandersetzen sollte, die dahintersteht. Dafür war das zusätzliche Indologie-Studium sehr wertvoll.

Können Sie uns das Prinzip der Doshas kurz erläutern, was hat es mit den Konstitutionstypen Vata, Pitta, Kapha auf sich?

Das Konzept der drei Doshas ist eines von mehreren Erklärungsmodellen im Ayurveda. Es versucht, die große Komplexität biologischen Lebens auf eine einfache, laienverständliche und pragmatische Art und Weise begreiflich zu machen, auch in der Diagnostik und Therapie. Im Prinzip ist es ein eigenschaftsbasiertes System, das in ähnlicher Art und Weise auch in der chinesischen Medizin und der europäischen Naturheilkunde zugrunde liegt, jeweils in eigener Ausgestaltung. Der grundlegende Gedanke dahinter ist, dass jeder Mensch über eine einzigartige, konstitutionelle Signatur verfügt – und darauf wird die Behandlung individuell angepasst.

Ayurveda verbindet Prävention und Therapie, wie können wir uns das vorstellen?

Ja, die Ayurveda-Medizin fühlt sich für alle Ebenen von Gesundheit verantwortlich: Gesundheitsförderung, Prävention und Therapie, je nach vorliegender Fragestellung. So wie bei anderen traditionellen Naturheilkundesystemen – und prinzipiell auch in der konventionellen Medizin. In jedem Fall ist Ayurveda keine reine Präventionsmedizin, sondern kann auch zu Therapiezwecken eingesetzt werden.

Wie funktioniert das in der Praxis?

Beispielsweise kann man mit einer individualisierten Ernährungsumstellung sinnvolle Beiträge zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen leisten – genauso sprechen wir aber auch mit unseren Patienten über gesundheitsförderliche Ernährung, wenn solche Erkrankungen bereits vorliegen, also unter therapeutischen Gesichtspunkten, als effektive Ergänzung der konventionellen Therapie.

Wie unterscheidet sich Ayurveda von der westlichen Schulmedizin?

Der größte Unterschied ist sicher der, dass Diagnostik und Therapie überwiegend auf jahrtausendelangem tradierten Erfahrungswissen basieren – und deutlich weniger auf evidenzbasierter Studienbasis westlicher Herkunft. Das hat auch Nachteile, vor allem den Mangel an modernen Studien zur Wirksamkeit solcher Verfahren. Hier gibt es erheblichen Nachholbedarf. Es hat aber einige Vorteile. Traditionelle Heilkundesysteme wie Ayurveda sind eben schon sehr lange als volksmedizinische Breitenphänomene in Anwendung. Sie können deswegen auf Basis der umfassenden Erfahrungswerte einen wertvollen Beitrag leisten, zum Beispiel in den Bereichen gesundheitsförderlicher Lebensführung, vollwertiger Ernährung, Stressreduktion und Kräuterheilkunde.

Lassen sich die Systeme gut kombinieren?

Es gibt zahlreiche Andockmöglichkeiten zwischen konventioneller Medizin und Naturheilkundesystemen wie Ayurveda. Die grundlegende Herangehensweise der traditionellen indischen Medizin lässt sich relativ widerspruchsfrei kombinieren. Ich mache das auch am liebsten integrativ, also nicht das eine oder das andere, sondern am besten beides zusammen – auf Basis der individuellen Patientenpräferenzen und der besten verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Die Therapie chronischer Schmerzerkrankungen ist ein gutes Beispiel, um das zu illustrieren: Es geht nicht darum, die konventionelle Behandlung mit Ayurveda zu ersetzen, sondern sie zu kombinieren mit Elementen aus der indischen Medizin, beispielsweise mit Yoga-Therapie, Meditationselementen, körpertherapeutischen Anwendungen und Pflanzenheilkunde.

Welche Bedeutung haben psychologische und spirituelle Aspekte?

Ayurveda arbeitet grundsätzlich ganzheitlich ausgerichtet, immer unter Einbeziehung der körperlichen, psychomentalen und ggf. auch der spirituellen Ebene, falls das für die jeweilige Fragestellung therapeutisch relevant ist. Der ganzheitliche Ansatz entspricht auch der Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation, bei der neben der körperlichen auch die mentale, soziale und globalgesellschaftliche Gesundheit explizit mit angesprochen wird.

Die Weltgesundheitsorganisation hat Ayurveda als Naturheilverfahren anerkannt. Wie ist bei uns in Deutschland die Akzeptanz?

In Deutschland gibt es immer mehr Menschen, die sich für traditionelle Heilkundesysteme mit Herkunft außerhalb Europas interessieren. Und dazu gehört auch Ayurveda, gerade vor dem Hintergrund der globalen Bedeutungszunahme Indiens und der Region Südasien. Inzwischen gibt es hierzulande auch eine Reihe von gut organisierten Berufsverbänden für Ayurveda.

Wie finde ich seriöse Anbieter für eine ayurvedische Behandlung?

Ich empfehle gerne die Deutsche Ärztegesellschaft für Ayurveda-Medizin e.V. (www.daegam.de) und den Ayurveda Dachverband Deutschland (www.adaved.de). Als Arzt bin ich der Meinung, dass bei konkreten gesundheitsbezogenen Fragestellungen eine Behandlung durch ärztliche Experten sehr sinnvoll ist.

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Unser Experte: Priv.-Doz. Dr. med. Christian Keßler, M.A. Oberarzt der Abteilung für Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus, Berlin, Schwerpunkt Traditionelle Medizinsysteme

Ayurveda-Seminar: Gesunde Ernährung und Yoga für mehr Energie und Wohlbefinden

  • Die ayurvedische Lehre der Qualitäten und Wirkungen von Lebensmitteln und Gewürzen
  • Ernährungsempfehlungen, abgestimmt auf den individuellen Typ
  • Sanfte Yoga-Übungen (Asanas), die den Körper und Geist entspannen
  • Zubereitung köstlicher, gesunder und vitalisierender Mahlzeiten

Informationen: www.akademie-gesundes-leben.de oder telefonisch: 06172 / 300 98 22

Erfahren Sie mehr über traditionelle Medizin aus aller Welt.

In unserer Serie befassen wir uns in Teil 2 mit TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) und Teil 3 mit europäischen Heilpflanzen

TCM (Traditionelle Chinesische Medizin)

Ein energetisches Denken steht im Mittelpunkt der TCM: Der Mensch ist gesund, wenn Yin und Yang im Gleichgewicht sind und die Lebensenergie Qi ungestört fließen kann.

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Europäische Heilpflanzen

Das in Jahrtausenden überlieferte Wissen der Volksheilkunde wurde für unseren Kulturraum in den Kräuterbüchern der Antike und des Mittelalters festgehalten.

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© AlexRaths / gettyimages.de

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Autor:in: Doreen Thal-Henschel