Heilfasten gibt dem Darm eine Ruhepause

Interview mit Prof. Dr. med. Andreas Michalsen

© Thomas Ernst

Prof. Dr. med. Andreas Michalsen, Chefarzt für Naturheilkunde, Charité Berlin

Der Darm steht im Fokus medizinischer Studien. Welche Erkenntnisse sind für uns wichtig?

Die neue Erkenntnis ist, dass der Darm nicht nur die Aufgabe hat, die Nahrung zu verdauen und dann die Nährstoffe in den Körper zu lassen, sondern dass er selbst entscheidend mitwirkt bei der Herstellung und Bereitstellung von Nährstoffen und bei der Entgiftung. Damit beeinflusst er ganz wesentlich die Gesundheit aller Organfunktionen. Die Schlüsselrolle haben dabei die Billionen von Darmbakterien, das Darmmikrobiom.

Wie funktioniert das Darmmikrobiom?

Die Darmbakterien selbst beeinflussen das Immunsystem und den Stoffwechsel, vor allem aber produzieren sie unzählige Botenstoffe, die pausenlos den Körper mit gesund erhalten, wenn die guten Bakterien dominieren. Wenn ungünstige Darmbakterien vorherrschen, können diese aber auch krank machen. Das Darmmikrobiom wirkt letztlich wie ein lebenswichtiges Körperorgan.

Wie beeinflusst die Ernährung unsere Darmgesundheit und was sollten wir beachten?

Das, was wir essen, ist der größte Einflussfaktor auf die Darmbakterien, hier entscheidet sich, ob das Mikrobiom uns gesund erhält oder krank macht. Auch die Zusammensetzung der Nahrung ist entscheidend. Enthält sie ausreichend Mikronährstoffe und Vitamine sowie Ballaststoffe für die Bakterien? Sind die Fette, Proteine und Kohlenhydrate in ihrer Zusammensetzung gesund? All das spielt eine große Rolle. Und nicht zu vergessen: Je weniger künstliche Zusatzstoffe, Zucker sowie Gifte wie Pestizide in der Nahrung sind, desto besser.

Wie wirkt Heilfasten auf den Darm?

Heilfasten gibt dem Darm eine Ruhepause. Die Darmschleimhaut kann sich regenerieren und das Mikrobiom neu aufgebaut werden. In den Zellen startet ein Selbstreinigungsprogramm, die Autophagie, und im Inneren der Zelle werden Gen-Reparaturvorgänge angekurbelt. Ein Verjüngungs- und Gesundheitsprogramm für die Zellen.

Welche positiven Aspekte hat das Fasten für unsere gesamte Gesundheit?

Fasten hat zahlreiche günstige Wirkungen auf die häufigen chronischen Erkrankungen. Es senkt erhöhten Blutdruck, verbessert die Blutzuckerregulation, kann eine Fettleber heilen, lindert Beschwerden und Entzündungen bei Rheuma und Arthrose. Für mich eine besonders schöne Wirkung des Fastens: Die Stimmung verbessert sich und man fördert die sogenannte Selbstwirksamkeit. Wer fastet, merkt eindrücklich, dass er selber erheblich Gutes für seine Gesundung machen kann und dass es nicht mal so schwierig ist.

Ist Heilfasten für alle geeignet? Für wen empfehlen Sie es besonders?

Fasten können Sie zur Vorbeugung oder als Therapie. Insofern ist es für die Mehrzahl der Menschen geeignet. Es ist gut verträglich und wirkt sich langfristig positiv aus. Nicht fasten sollten Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie und Menschen mit Untergewicht oder zehrenden Erkrankungen. Es ist auch nicht geeignet für Menschen, die unter Gichtanfällen leiden und Gallenkoliken durch Gallensteine haben. Wer unter internistischen oder anderen schwerwiegenden Erkrankungen leidet und Medikamente einnimmt, sollte das erste Fasten unter ambulanter oder klinischer ärztlicher Begleitung durchführen.

Autor:in: Doreen Thal-Henschel